Antiker Reisebecher bei „Bares für Rares“: Preis geht durch die Decke

Selten war das gesamte Händlerteam bei „Bares für Rares“ von einer Rarität derart begeistert wie von der kleinen, silbernen Teedose, die ein Paar aus Freiburg mit in die ZDF-Sendung gebracht hat. Die Gebote gingen völlig durch die Decke.

Köln – Ein solch hartnäckig geführtes Bietergefecht gibt es bei „Bares für Rares“ selten. Noch dazu sind die Händler in Plauderlaune, philosophieren über den Ursprung des Namens Liverpool, die erste und letzte Reise der Titanic sowie die Frage, wie man rar gesäte Urlaubstage am besten verbringt – und nebenbei treiben sie den Preis für einen silbernen Reisebecher aus dem 19. Jahrhundert in ungeahnte Höhen.

Preis für antiken Reisebecher bei „Bares für Rares“ explodiert

Ob Rainer von Mielecki, Besitzer besagten Reisebechers, geahnt hat, was ihn im Verkaufsraum der ZDF-Sendung erwartet? Denn kurz bevor der Freiburger mit Ehefrau Heide vor die Händler tritt, spricht er die rückblickend fast prophetischen Worte: „Man weiß nie, wie es ausgeht.“

Der Teebehälter aus Silber, den der Großvater von fünf Enkeln bei „Bares für Rares“ verkaufen möchte, ist ein altes Familienerbstück. Seine Mutter – damals tätig im Auswärtigen Amt und viel auf Reisen – habe den Becher Anfang der 1930er Jahre in Wien gekauft und seitdem als Behältnis für Tee und Zucker auf ihren Reisen verwendet. Viel mehr wissen sie nicht über das antike Stück, berichtet das Paar Moderator Horst Lichter.

Antiquitäten-Experte Colmar Schulte-Goltz kann ein bisschen mehr Hintergrund liefern: Gefertigt wurde der Reisebecher, der aus zwei einzeln verschließbaren Elementen besteht, die sich ineinanderstecken lassen, im Jahr 1861 vom Silberschmied Franz Meyer aus Vilnius in Litauen. Vermutlich war der Becher einst Teil eines größeren Sets. Zudem ist ein Adelswappen in den Deckel geprägt, das sich allerdings nicht zuordnen lässt.

Experte von Zustand des 150 Jahre alten Reisebechers überwältigt

Schulte-Goltz freut sich über den guten Zustand der mehr als 150 Jahre alten Antiquität: „Es ist eine Freude, das zu sehen, ein traumhaft gemachtes Stück“, schwärmt er. Den Wunschpreis des Verkäufer-Paares von 200 Euro überbietet er locker, 450 bis 550 Euro beträgt seine Expertise. Rainer und Heide von Mielecki sind begeistert – und wissen doch noch nicht, was sie nun erwartet.

Denn die „Bares für Rares“-Händler sind völlig hin und weg von dem kleinen Silberbecher – ganz offensichtlich ein seltenes Stück. Aus dem russischen Moskau gibt es wohl häufiger solche Stücke, aus Litauen – Mitte des 19. Jahrhunderts Teil des russischen Kaiserreichs – kommen sie eher selten.

Colmar hat Handschuhe an, da muss es sich um etwas Besonderes handeln.

„Bares für Rares“-Moderator Horst Lichter zum Reisebecher aus Silber

Händler Wolfgang Pauritsch erinnert sich spontan an eine Kulturreise durchs Baltikum, auf der er das Haus des Silberschmieds Franz Meyer besichtigt hat. Die frisch gebackene Mama Sarah Schreiber findet diese Art der Urlaubsplanung höchst amüsant – zumal Pauritsch angibt, lediglich eine Woche Urlaub im Jahr zu haben. „Und dann verbringst du die auf Kulturreisen“, fragt seine Kollegin ungläubig. Liegt sie selbst möglicherweise lieber am Strand?

Diese Frage wird nicht beantwortet. Wohl klärt aber Verkäufer Rainer von Mielecki darüber auf, dass der Kormoran im Adelswappen auf die Stadt Liverpool hindeuten könnte. Der mythologische „Liver Bird“, der üblicherweise als Kormoran dargestellt wird, ist der Wappenvogel des englischen Liverpools. War der Reisebecher etwa eine englische Auftragsarbeit?

Auch diese Frage bleibt offen. Nach so viel Vorgeplänkel steigen die Händler – neben Pauritsch und Schreiber sind an diesem Tag Elke Velten, Benjamin Leo Leo und Daniel Meyer dabei – ernsthaft in die Gebote ein. Es stellt sich heraus: Haben will den Reisebecher jeder von ihnen.

Beim ersten Gebot von 200 Euro bleibt es nicht lange. In Hunderterschritten überbieten sich die Händler gegenseitig. Als Elke Velten 850 Euro bietet, geht Wolfgang Pauritsch gar auf 1000 Euro. „Ich wusste es“, kann sich die Kölnerin mit einem leichten Augenrollen nicht verkneifen – steigt dann aber aus. Nach der Expertise fragte – anders als üblich – kein einziger der Händler.

Verkäufer-Paar bleibt cool: „Für einen Liebhaber machen wir das gerne“

Dafür geht Benjamin Leo Leo auf 1100 Euro, Pauritsch kontert mit 1150 Euro und überbietet auch Leos 1200 Euro noch einmal. Beim Stand von 1250 Euro gibt dieser dann auf. Das Freiburger Verkäufer-Paar konnte sich das hitzige Bietergefecht in aller Ruhe anschauen – und sich über einen Preis für ihr antikes Familienerbstück freuen, der weit jenseits der Expertise lag.

Experte Colmar Schulte-Goltz untersucht das antike Stück mit Handschuhen. Horst Lichter weiß deshalb sofort: Das muss etwas Besonderes sein.
Experte Colmar Schulte-Goltz untersucht das antike Stück mit Handschuhen. Horst Lichter weiß deshalb sofort: Das muss etwas Besonderes sein. © ZDF (Screenshot: Fuldaer Zeitung)

Rainer von Mielecki bleibt cool. Auf die Frage von Wolfgang Pauritsch, ob er für 1250 Euro verkaufen würde, antwortet er gelassen: „Das machen wir für einen Liebhaber sehr gerne.“ Dann strahlt das Paar aber doch bis über beide Ohren. „Meine Erwartungen wurden weit übertroffen, und ich bin sicher, unsere Enkel machen einen Sprung in die Höhe“, schließt Rainer von Mielecki.

Ebenfalls deutlich mehr als ihren Wunschpreis hat kürzlich eine 77-Jährige für eine antike Brosche erhalten, die einst ihrer Urgroßmutter gehörte. Und Wolfgang Pauritsch hat nicht zum ersten Mal seine Kollegen ausgestochen: Ein Ring mit einem besonders großen Diamanten hatte es dem Österreicher ebenfalls angetan – auch hier ging er weit über den Expertisen-Preis hinaus.

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