Studie: Darum werden Serien und Filme mit Heimatbezug immer beliebter
“Mord mit Aussicht”, “Der Bergdoktor”, “Die Fallers” oder “Die Rosenheim Cops” – Filme und Serien mit Heimatbezug sind jetzt noch beliebter als sie es vor fünf Jahren schon waren.
Professor Holger Schramm von der Uni Würzburg hat eine Studie mit 535 Zuschauern zwischen 18 und 83 Jahren geleitet. Über die Ergebnisse spricht Schramm im SWR1 Interview.
Regionale Filme und Serien bieten “heile Welt”
SWR1: Warum schauen wir denn so gern regionale Serien? Was gefällt uns daran besonders?
Holger Schramm: Vor fünf Jahren waren es tatsächlich vor allem Krimis und auch Filme mit Heimatbezug. Jetzt sind vermehrt noch andere Sendungen mit regionaler Couleur dazugekommen.
Das können Nachrichtensendungen sein, aber auch Tierdokumentationen über die Region oder regionale Kochsendungen. Das ist sehr in die Breite gegangen. Die Leute wollen dadurch ihre Stimmung verbessern.
Menschen suchen in regionalen Filmen Sicherheit
SWR1: Denken wir mal konkret an den “Bergdoktor”. Da geht es auch um die idyllische Landschaft. Im Grunde genommen ist das so ein Gefühl von Urlaub in den Alpen, lauter nette Menschen um einen herum. Spielt so eine heile Welt immer noch eine große Rolle?
Schramm: Absolut! Das ist für die Menschen vielleicht gerade in dieser Zeit besonders wichtig. Der Alltag und die Realität werden gefühlt immer trister. Wir haben immer mehr Kriegsherde in der Welt.
Alles wird globaler, schneller, unübersichtlicher, abstrakter. Die Menschen sehnen sich nach Zufluchtsorten, und sei es in den Medien.
SWR1: Bleiben wir nochmal beim “Bergdoktor”. Viele sagen, das ist voll kitschig. Hat sich das geändert oder ist der Kitsch wichtiger denn je?
Schramm: Der Kitsch ist wichtiger denn je! Die Leute wissen auch, dass es Kitsch ist, z. B. beim “Traumschiff”. Aber sie haben ein immer stärkeres Bedürfnis danach. Sie gönnen sich ihre wöchentliche Dosis Kitsch, um einfach mal abzutauchen in eine andere Welt.
Der Kitsch ist wichtiger denn je!
Menschen bleiben ihrer Region treu – auch in den Medien
SWR1: Und die anderen Sendeformate? Beispielsweise Tierdokumentationen oder regionale Nachrichten. Was hat sich da getan, was in den Fokus der Zuschauer geraten ist?
Schramm: Wir beobachten einen immer stärkeren Bezug der Menschen zu ihrer Heimatregion. Auch, dass sie ein stärkeres Bedürfnis haben, ihr treu zu bleiben.
Das kann man durch Aktivitäten in Vereinen oder im Dorf zur Geltung bringen. Man kann es aber auch zeigen, indem man sich in den Medien verstärkt für Informationen über die eigene Heimat interessiert.
Damit einher geht ja z.B. auch dieses starke Bedürfnis, mehr Produkte aus der eigenen Region zu kaufen. Auch das ist ein Trend, auf den die Supermärkte und die Werbung seit Jahren aufspringen.
“Tatort”-Phänomen belegt Interesse an der eigenen Region
SWR1: Der SWR hat einen Riesenerfolg mit der “Nachtstreife”. Polizisten werden bei der Nachtarbeit in Mainz begleitet. Sehr gut gemacht, könnte aber genauso gut auch in Berlin oder Stuttgart spielen. Gehört das dazu, was Sie unter regionaler Identifizierung verstehen?
Schramm: Ja! Das gehört für mich zu den Krimis mit regionalem Bezug. Die laufen schon seit 20 Jahren sehr gut. Wir haben auch das “Tatort”-Phänomen. Der “Tatort” kommt immer aus verschiedenen Regionen Deutschlands. Das interessiert dann vielleicht besonders die Menschen aus der jeweiligen Region
Aber irgendwie schaut auch ganz Deutschland zu. Und in dem Moment können sich alle mit der Region, aus der der Tatort ausgestrahlt wird, identifizieren.